Ich brauche etwas, das mich vor dem Schnee schützt.
Mit zusammengekniffenen Augen stellte sie sich vor, wie eine Hülle sie umgab, etwa wie ein magnetisches Feld. Unsichtbar, nur zu erahnen, weil die Luft um sie herum ein wenig flimmerte, wie an heißen Sommertagen. All ihre Gedanken richtete Chiara auf diese Hülle, und als sie die Augen wieder öffnete, wirbelte der Schneesturm noch immer um sie herum, doch es sah aus, als würden die Flocken etwa 10 cm von ihr entfernt von einer unsichtbaren Wand aufgehalten.
Aber, das kann doch gar nicht sein.
Kaum war dieser Satz durch ihre Gedanken gehuscht, stürmte der weiße Wirbel wieder auf sie ein. Erschrocken kniff sie die Augen wieder zu. Sie konzentrierte sich und baute in Gedanken die Hülle wieder auf. Als sie erneut die Augen öffnete, hielt der Schnee wieder Abstand.
Es funktioniert tatsächlich. Ich muss die Tür erreichen. Ich will, dass die Hülle solange hält.
Vorsichtig streckte sie den Arm aus. Die Flocken tanzten um sie herum, schienen vor ihrer ausgestreckten Hand aber zurückzuweichen. Langsam erhob sie sich und machte einen Schritt auf den Ausgang zu. Argwöhnisch betrachtete sie das Schneetreiben, doch es kam nicht mehr näher als eine Handbreit an sie heran.
Als sie an sich herunter schaute, stellte Chiara fest, dass um ihre Füße herum der Schnee auch vom Boden gewichen war. Was sie zuvor mit der Hand versucht hatte, probierte sie nun mit dem rechten Bein. Langsam streckte sie es nach vorn und soweit ihr Fuß reichte, konnte sie den Dielenboden des Lagerraumes erkennen, ganz und gar schneefrei.
Die Hülle ist zu eng, schoss es ihr durch den Kopf, aber wenigstens hält sie. So konnte sie sich nur mit langsamen, tastenden Schritten vorwärts bewegen. Immerhin blieb die Tür am Ende des Raumes, wo sie war.
Der Raum dehnte sich nicht mehr und Chiara kam dem rettenden Ausgang mit jedem vorsichtigen Schritt ein Stück näher.
Endlich hatte sie ihr Ziel erreicht. Als sie jedoch die Klinke berührte, fiel der Blizzard wieder mit aller Gewalt über sie her, zerrte an ihren Kleidern, an ihren Haaren. Sie war so überrascht von der plötzlich wiedererwachten Kraft des Sturmes, dass sie sich einen Moment lang gar nicht dagegen wehren konnte und hilflos wie eine Marionette mit zerrissenen Fäden gegen die Tür geschleudert wurde. Der Aufprall ließ ihren Atem stocken.
Was passierte hier? Wo war die Schutzhülle? Dann fiel ihr ein, dass sie sich gewünscht hatte, die Hülle möge halten, bis sie die Tür erreichte. Das hatte sie getan. Doch damit war die Aufgabe, die Chiara ihr zugedacht hatte, erfüllt und die Hülle hatte aufgehört zu existieren.
So war das also. Der Gedanke gab ihr neuen Mut. Sie legte beide Hände an die Tür und flüsterte: "Öffne dich."
Nichts geschah.
"Du sollst aufgehen!"
Nichts.
Chiara verlegte sich aufs Schimpfen, dann aufs Bitten, bis ihr bewusst wurde, was sie dort überhaupt tat. Sie stand da und redete mit einer Tür. So konnte das nichts werden. Sie besann sich darauf, wie das vorhin mit der Hülle funktioniert hatte, schloss die Augen und konzentrierte sich auf einen einzigen Gedanken:
Ich will hier raus!
Beherrscht von diesem einen Gedanken riss sie die Augen auf und hieb mit der Faust gegen die Tür mit aller Kraft, die sie nach den bisherigen Strapazen noch aufbieten konnte.
Dem Schlag folgte Stille. Dann ein Knirschen, ein Krachen. Holz splitterte. Die Tür barst und Chiara stolperte über die Trümmer hinweg ins Freie.
Einen Moment verharrte sie auf der stillen sonnenbeschienenen Terrasse. Tief sog sie die würzige Herbstluft ein. Es fühlte sich an, als strömten neue Kräfte in ihren Körper. Dann hörte sie das Fauchen des Sturmes, der im Inneren des Hauses noch immer wütete.
In langen Sätzen stürmte sie über die Terrasse und quer über die Lichtung hinaus in den herbstgoldenen Wald, der in der hellen Morgensonne alle Bedrohlichkeit der vergangenen Nacht verloren hatte. Sie floh in die Richtung, in der die Stadt liegen musste. Nur fort von hier. Fort von dem Haus, von diesen Zauberern. Fort von all dem Irrsinn. Auch fort von Eldoran.
Mit zusammengekniffenen Augen stellte sie sich vor, wie eine Hülle sie umgab, etwa wie ein magnetisches Feld. Unsichtbar, nur zu erahnen, weil die Luft um sie herum ein wenig flimmerte, wie an heißen Sommertagen. All ihre Gedanken richtete Chiara auf diese Hülle, und als sie die Augen wieder öffnete, wirbelte der Schneesturm noch immer um sie herum, doch es sah aus, als würden die Flocken etwa 10 cm von ihr entfernt von einer unsichtbaren Wand aufgehalten.
Aber, das kann doch gar nicht sein.
Kaum war dieser Satz durch ihre Gedanken gehuscht, stürmte der weiße Wirbel wieder auf sie ein. Erschrocken kniff sie die Augen wieder zu. Sie konzentrierte sich und baute in Gedanken die Hülle wieder auf. Als sie erneut die Augen öffnete, hielt der Schnee wieder Abstand.
Es funktioniert tatsächlich. Ich muss die Tür erreichen. Ich will, dass die Hülle solange hält.
Vorsichtig streckte sie den Arm aus. Die Flocken tanzten um sie herum, schienen vor ihrer ausgestreckten Hand aber zurückzuweichen. Langsam erhob sie sich und machte einen Schritt auf den Ausgang zu. Argwöhnisch betrachtete sie das Schneetreiben, doch es kam nicht mehr näher als eine Handbreit an sie heran.
Als sie an sich herunter schaute, stellte Chiara fest, dass um ihre Füße herum der Schnee auch vom Boden gewichen war. Was sie zuvor mit der Hand versucht hatte, probierte sie nun mit dem rechten Bein. Langsam streckte sie es nach vorn und soweit ihr Fuß reichte, konnte sie den Dielenboden des Lagerraumes erkennen, ganz und gar schneefrei.
Die Hülle ist zu eng, schoss es ihr durch den Kopf, aber wenigstens hält sie. So konnte sie sich nur mit langsamen, tastenden Schritten vorwärts bewegen. Immerhin blieb die Tür am Ende des Raumes, wo sie war.
Der Raum dehnte sich nicht mehr und Chiara kam dem rettenden Ausgang mit jedem vorsichtigen Schritt ein Stück näher.
Endlich hatte sie ihr Ziel erreicht. Als sie jedoch die Klinke berührte, fiel der Blizzard wieder mit aller Gewalt über sie her, zerrte an ihren Kleidern, an ihren Haaren. Sie war so überrascht von der plötzlich wiedererwachten Kraft des Sturmes, dass sie sich einen Moment lang gar nicht dagegen wehren konnte und hilflos wie eine Marionette mit zerrissenen Fäden gegen die Tür geschleudert wurde. Der Aufprall ließ ihren Atem stocken.
Was passierte hier? Wo war die Schutzhülle? Dann fiel ihr ein, dass sie sich gewünscht hatte, die Hülle möge halten, bis sie die Tür erreichte. Das hatte sie getan. Doch damit war die Aufgabe, die Chiara ihr zugedacht hatte, erfüllt und die Hülle hatte aufgehört zu existieren.
So war das also. Der Gedanke gab ihr neuen Mut. Sie legte beide Hände an die Tür und flüsterte: "Öffne dich."
Nichts geschah.
"Du sollst aufgehen!"
Nichts.
Chiara verlegte sich aufs Schimpfen, dann aufs Bitten, bis ihr bewusst wurde, was sie dort überhaupt tat. Sie stand da und redete mit einer Tür. So konnte das nichts werden. Sie besann sich darauf, wie das vorhin mit der Hülle funktioniert hatte, schloss die Augen und konzentrierte sich auf einen einzigen Gedanken:
Ich will hier raus!
Beherrscht von diesem einen Gedanken riss sie die Augen auf und hieb mit der Faust gegen die Tür mit aller Kraft, die sie nach den bisherigen Strapazen noch aufbieten konnte.
Dem Schlag folgte Stille. Dann ein Knirschen, ein Krachen. Holz splitterte. Die Tür barst und Chiara stolperte über die Trümmer hinweg ins Freie.
Einen Moment verharrte sie auf der stillen sonnenbeschienenen Terrasse. Tief sog sie die würzige Herbstluft ein. Es fühlte sich an, als strömten neue Kräfte in ihren Körper. Dann hörte sie das Fauchen des Sturmes, der im Inneren des Hauses noch immer wütete.
In langen Sätzen stürmte sie über die Terrasse und quer über die Lichtung hinaus in den herbstgoldenen Wald, der in der hellen Morgensonne alle Bedrohlichkeit der vergangenen Nacht verloren hatte. Sie floh in die Richtung, in der die Stadt liegen musste. Nur fort von hier. Fort von dem Haus, von diesen Zauberern. Fort von all dem Irrsinn. Auch fort von Eldoran.