Chiara blinzelte. Zum zweiten Mal innerhalb weniger Stunden, wusste nicht, was mit ihr geschehen war. Sie lag auf dem Rücken, hielt die Augen geschlossen und lauschte, fühlte. Sie lag weich, mit einem Kissen oder einer Decke unter dem Kopf. In einem Bett? In ihrem Bett? Nein, es war das Sofa. Sie spürte die gestrickte Decke unter ihrer Hand. Doch da war noch mehr. Etwas stimmte nicht. Sie lauschte und war sich mit einem Mal sicher, dass sie nicht allein im Raum war. Vorsichtig und sehr langsam hob sie die Lider, spähte zwischen den Wimpern hindurch und sah einen knappen halben Meter über sich das zerknitterte Gesicht ihrer gütigen alten Nachbarin.
"Ah, Sie sind wach", bemerkte diese.
"Was machen Sie hier?"
"Ich gebe auf Sie Acht, mein Kind."
"Aber Sie können doch nicht einfach…"
"Sie haben mir Ihren Schlüssel gegeben, für Notfälle. Dies hier ist ein Notfall." Chiara hatte Frau Mehle noch nie so selbstsicher und bestimmend erlebt.
Jetzt hielt sie ihr ein Teeglas entgegen: "Ich habe Ihnen Tee gemacht. Trinken Sie."
Die Flüssigkeit war von einem sehr dunklen Grün und Chiara hatte keinerlei Vorstellung davon, was sie da trinken sollte, aber Stimme und Haltung der alten Frau ließen keinen Widerspruch zu.
Das Gebräu schmeckte intensiv nach Kräutern und ein wenig bitter. Chiara schluckte tapfer. Mit einem zufriedenen Lächeln lehnte die alte Frau sich zurück: "Und nun erzählen Sie!"
"Es gibt nichts zu erzählen."
Das Gesicht der alten Frau wurde sehr ernst: "Sie waren zwei Tage weg, wurden in völlig abgerissenen Zustand von der Polizei nach Hause gebracht und seit Sie wieder das sind, belügen Sie mich. Das passt nicht zu Ihnen. Also: Was ist im Wald passiert."
"Das weiß ich nicht."
Ein tadelnder Blick. Sie sollen mich nicht anlügen, schien er zu sagen.
"Ich weiß es wirklich nicht. Nicht genau jedenfalls."
"Dann erzählen Sie das Ungenaue. Bitte!"
Chiara wurde wütend. Was ging es die Alte an, was sie im Wald erlebt hatte. Oder was sie sich eingebildet hatte zu erleben. Nichts von alledem würde sie erzählen. Nichts davon konnte sie erzählen. Niemand würde ihr glauben, sie glaubte es ja selbst nicht.
Als hätte sie geträumt und wache eben erst auf, drang die Stimme der Nachbarin wieder an Chiaras Ohr.
"Sie müssen an sich glauben, Kind", sagte sie gerade.
Hatte sie etwa Chiaras Gedanken… Nicht schon wieder! Der Raum begann sich um Chiara zu drehen. Einzelne Szenen der vergangenen beiden Tage tauchten aus dem Wirbel auf. Eldoran, wie er auf der Lichtung mit einem unsichtbaren Gegner kämpfte. Eldoran, wie er auf dem dunklen Pfad vor ihr kniete, ihren verletzten Fuß in seinen Händen. Eldoran, der für sie den Kräutertrank aus dem Kupferkessel schöpfte. Kräutertrank? Da war noch etwas. Der Gedanke verflog. Eldoran, wie er das dunkle Schwert erhob. Eldoran, bleich und starr im Krankenhaus. Eldoran, Eldoran, immer wieder Eldoran.
Chiara seufzte: "Mir ist schlecht."
Die alte Mehle zog ihr eine Decke um die Schultern. "Das kommt davon, wenn man Dinge aus dem Wald mitbringt, die einem nicht gehören."
"Ah, Sie sind wach", bemerkte diese.
"Was machen Sie hier?"
"Ich gebe auf Sie Acht, mein Kind."
"Aber Sie können doch nicht einfach…"
"Sie haben mir Ihren Schlüssel gegeben, für Notfälle. Dies hier ist ein Notfall." Chiara hatte Frau Mehle noch nie so selbstsicher und bestimmend erlebt.
Jetzt hielt sie ihr ein Teeglas entgegen: "Ich habe Ihnen Tee gemacht. Trinken Sie."
Die Flüssigkeit war von einem sehr dunklen Grün und Chiara hatte keinerlei Vorstellung davon, was sie da trinken sollte, aber Stimme und Haltung der alten Frau ließen keinen Widerspruch zu.
Das Gebräu schmeckte intensiv nach Kräutern und ein wenig bitter. Chiara schluckte tapfer. Mit einem zufriedenen Lächeln lehnte die alte Frau sich zurück: "Und nun erzählen Sie!"
"Es gibt nichts zu erzählen."
Das Gesicht der alten Frau wurde sehr ernst: "Sie waren zwei Tage weg, wurden in völlig abgerissenen Zustand von der Polizei nach Hause gebracht und seit Sie wieder das sind, belügen Sie mich. Das passt nicht zu Ihnen. Also: Was ist im Wald passiert."
"Das weiß ich nicht."
Ein tadelnder Blick. Sie sollen mich nicht anlügen, schien er zu sagen.
"Ich weiß es wirklich nicht. Nicht genau jedenfalls."
"Dann erzählen Sie das Ungenaue. Bitte!"
Chiara wurde wütend. Was ging es die Alte an, was sie im Wald erlebt hatte. Oder was sie sich eingebildet hatte zu erleben. Nichts von alledem würde sie erzählen. Nichts davon konnte sie erzählen. Niemand würde ihr glauben, sie glaubte es ja selbst nicht.
Als hätte sie geträumt und wache eben erst auf, drang die Stimme der Nachbarin wieder an Chiaras Ohr.
"Sie müssen an sich glauben, Kind", sagte sie gerade.
Hatte sie etwa Chiaras Gedanken… Nicht schon wieder! Der Raum begann sich um Chiara zu drehen. Einzelne Szenen der vergangenen beiden Tage tauchten aus dem Wirbel auf. Eldoran, wie er auf der Lichtung mit einem unsichtbaren Gegner kämpfte. Eldoran, wie er auf dem dunklen Pfad vor ihr kniete, ihren verletzten Fuß in seinen Händen. Eldoran, der für sie den Kräutertrank aus dem Kupferkessel schöpfte. Kräutertrank? Da war noch etwas. Der Gedanke verflog. Eldoran, wie er das dunkle Schwert erhob. Eldoran, bleich und starr im Krankenhaus. Eldoran, Eldoran, immer wieder Eldoran.
Chiara seufzte: "Mir ist schlecht."
Die alte Mehle zog ihr eine Decke um die Schultern. "Das kommt davon, wenn man Dinge aus dem Wald mitbringt, die einem nicht gehören."